16.03.10 22:38, MichaV
Hallo, mich interessiert warum das norwegische Wort "Gründer" mit ü geschrieben wird. Ist
das ein "neumodisches" Wort oder lebt es schon lange mit seinem ü in der norwegischen
Sprache? Ausgesprochen wird es ja sicher wie Grynder, warum dann nicht auch so geschrieben?

16.03.10 22:51
Im Riksmålsordbok wird gründer auch in der Tat unter gry- aufgeführt.
Das Wort gründer wird im Zuge der " Gründerzeit " in die norwegische Sprache gekommen sein. Damals spielte Deutsch eine stärkere Rolle in Norwegen ,als heute, in den Zeiten von " engelsk fordypning ".
Aus skandinavischer Perspektive spielte Deutschland auch wirtschaftlich eine prominente Rolle, beispielsweise gab es Überlegungen, sich dem nach 1870 üblich gewordenen Goldstandard daduch anzuschliessen, eine dem deutschen Zwanzigmarkstück im Gewicht gleichende Hauptmünze hier einzuführen.
Möglicherweise hat auch der Umstand, dass das fast homonyme " grunde " ( heute "grunne" )einem assimilierten gründer zu ähnlich gewesen wäre eine Rolle gespielt.

16.03.10 22:52
Zu schnell abgeschickt :

Lemmi

17.03.10 00:04, Mestermann no
Es gibt da jede Menge von Leihworten aus dem Deutschen; sie haben in verschiedenen Epochen den Weg in die
norwegische Sprache gefunden. Die meisten haben nach einer Weile die deutsche Buchstabierung verloren, und sind
teilweise vernorwegischt worden, wie "kvarts", "gevær", "geheimråd", "gelender", "sågar", "schæfer(hund)"; (ferner
"betegne", "bestemme", "forlange" usw).

Bei Wörtern wie "mutter", "kneipe", "poltergeist" war eine Norvagisierung der Buchstabierung nicht notwendig, weil
eine norwegische Aussprache sich ohne weiteres aus der deutschen Buchstabierung ergibt.

Einige wenige haben ihre ursprüngliche, typisch deutsche und fremdere Schreibweise beibehalten, wie eben
"gründer", "backfisch" oder "vorspiel", "nachspiel". Es mag sein, dass eine Norvagisierung davon einfach ortografisch
unmöglich ist: "Bakkfisj" sieht z.B. parodisch aus, "grynder" vielleicht auch, wobei ich eher an Lemmis Theorie
glaube, und Vorspiel und Nachspiel lassen sich überhaupt nicht (mit der noch beibehaltenen deutschen Aussprache)
einigermassen vernünftig der norwegischen Rechtschreibung anpassen - "fårshpil"??

Es muss betont werden, dass nicht dasselbe mit norw. "vorspiel" und "nachspiel" gemeint ist, als auf Deutsch. Die
Bedeutung hat sich verschoben, die deutsche Schreibweise (und Aussprache) aber nicht.

Hegge hatte neuerdings einen Eintrag zum neugebildeten Verb "å vorse", evt. "å forse", (wird etwa "fåsje"
ausgesprochen); das heisst, "å holde et vorspiel" od. "være på vorspiel", also ein Vorglühen arrangieren oder daran
teilzunehmen.

17.03.10 00:44
Es gibt noch ein paar andere norwegische Wörter, die mit Umlaut geschrieben werden:
salongfähig (dt. salonfähig)
en totenschläger (dt. Totschläger, ein mit Bleikugel versehener Stock)
Tom

17.03.10 02:37, Mestermann no
Vom deutschen "Schlager" haben wir "slager", das bis jedenfalls etwa 1950 noch auf Norwegisch "schlager"
geschrieben wurde; ein relativ neues Leihwort.

Lustigerweise, aber ganz falsch, sagen (und schreiben) viele Norweger heute "en schläger", wenn sie
(humoristisch) den deutschen Ursprung des Wortes betonen wollen, oder es "auf alter Weise" schreiben wollen. Sie
setzen also ganz unnötig einen Umlaut ein, weil es dabei wohl "deutscher" wirkt. :-)

Mag auch sein, dass "totenschläger", das mit Umlaut geschrieben wird, wie Tom beschrieben hat, hier ein Muster
liefert für diese Pseudoneubildung oder falsche Rekonstruktion eines alten Wortes.

17.03.10 07:14, MichaV de
Danke für Eure Antworten.